Es war schon eine eigentümliche Mannschaft, die Bundestrainer Berti Vogts (68 Jahre) und Co-Trainer Udo Lattek(79), von DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder (81) ins Amt berufen ("Ich wollte dem jungen Vogts vor diesem Turnier einen erfahrenen Mann an die Seite geben"), für die Weltmeisterschaft 2014 aufboten.

In der Abwehr vertraute Berti ("In der Hintermannschaft brauche ich erfahrene Spieler") auf Libero Lothar Matthäus (53), Jürgen Kohler(49), Stefan Reuter(48), Thomas Helmer (49) und Michael Tarnat (45). Auch im Mittelfeld setzte der Bundestrainer ("Hier brauche ich vor allem intelligente Spieler, und da sind die jüngeren Akteure einfach berfordert") auf bewährte Kräfte. Neben Olaf Thon und Thomas Hässler (beide 48) sollte der 47jährige Andreas Möller ("Bei dieser WM schaffe ich den Durchbruch!") für Kreativitt im Mittelfeld sorgen. Im Sturm - Vogts: "Hier wollte ich keine jungen Wilden, sondern ballsichere alte Hasen" - trugen Jürgen Klinsman (50) und Oliver Bierhoff(46) die deutschen Hoffnungen. Einzig im Tor gab es ein neues Gesicht: Andreas Köpke (52) wurde auf die Ersatzbank geschickt, und Oliver Kahn (45) kam zwischen die Pfosten. Vogts zu der Umstellung :"Ich habe den Oliver jetzt 17jahre beobachtet. Er hat sich gut entwickelt und hat eine Chance verdient".

Die deutsche Mannschaft wurde vor dem erste Anpfiff von der Weltpresse zwar als "Welt-Methusalem-Team" verhöhnt, der Erfolg aber gab Vogts recht. Die Vorrunde berstand die Elf ohne Gegentreffer (0:0 gegen Nord-Korea und Kasachstan, 1:0 Sieg gegen Papua-Neuguinea), und auch in der Finalrunde - Siege im Elfmeterschiessen gegen Holland, Mexico und Italien - konnte die deutsche Mannschaft zwar nicht überzeugen, hatte jedoch wieder einmal reichlich Glck.

Selbst im Finale gegen Brasilien gestaltete die Deutsche Mannschaft die Partie lange offen, hielt bis zum Seitenwechsel ein 0:0 Unentschieden. In der Pause begeisterte der Live-Auftritt von Mick Jagger (71), der mit seinen Mitstreitern Keith Richards(71), Ron Wood (67) und Charlie Watts (73), die vor 376000 Zuschauern im neugestaltenen Münchner Olympiastadion den offiziellen WM-Song "Time is on my side" (die Zeit ist auf meiner Seite) vortrugen.

Der Auftritt der Stones - Charlie Watts trommelte übrigens im Rollstuhl, und der an Alzheimer erkrankte Jagger las die Textzeilen von der grossen Stadion-Anzeige-Tafel ab - schien die deutsche Elf zuerst beflügelt zu haben; denn drei Minuten nach Wiederanpfiff erzielte Jürgen Klinsmann nach einem Fehler des brasilianischen Keepers Tafarel Junior (19) per Abstauber den Führungstreffer.

Als der deutsche Kapitän nach seinem Torjubel mit Bizeps- und Fingerkrämpfen aus dem Netz geschnitten und ausgewechselt werden musste, und fünf Minuten spter auch Manndecker Kohler - die Batterien seines Herschrittmachers waren leer - vom Feld musste, brach jedoch das Unheil über die deutsche Mannschaft herein.

Mit dem eingewechselten Strunz (46), der sich auf Anordnung von Vogts seit der 17. Minute des Halbfinals bereits seit fünf Tage warmgelaufen hatte, ging die Ordnung in der Abwehr verloren und die Brasilianer schossen noch einen 17:1 Erfolg heraus. 14 Treffer steuerte dabei der überragende Ronaldo Junior (14) bei, der kurz zuvor für 3,2 Millarden Dollar von Inter Mailand zum FC Barcelona gewechselt war.

Berti Vogts ("Wir haben das Finale erreicht. Wir sind zufrieden") kündigte Konsequenzen an und versprach eine Revanche bei der Weltmeisterchaft 2018 in Ozeanien: "Ich werde jetzt versuchen, auf der einen oder anderen Station junge Spieler in die Mannschaft einzubauen. Mit unserem erfahrenen Team werden wir auch in vier Jahren um den Titel mitspielen".



A. Gerstlauer, December 5, 1998